Sommermarathon in Fuschl am See

Dieser Sommer 2016 hat zwar schwach begonnen, nun möchte er anscheinend gar nicht mehr enden. Denn bestes Sommerwetter herrscht im wärmsten September seit Wetteraufzeichnung auch im schönen Salzkammergut, genauer in Fuschl am See.

Fuschl am See Rennrad Marathon 2016

Mein Freund Georg und ich starten hier beim Radmarathon Eddy Merckx Classic. Es ist seine 10. Auflage, die erste hatte ich 2007 mitgemacht, dann nochmals 2011, jeweils mit Start und Ziel in Eugendorf, siehe meine alten Beiträge dazu. Der neue Austragungsort ist viel idyllischer und wie der Name schon sagt grandios am See gelegen. Gut gelaunt und fast schon zu locker geht es um 8.15 Uhr los auf die 170 km Schleife mit 2.600 Höhenmetern.

Auch am ersten längeren Anstieg Gaisberg bin ich noch top drauf, es überholt mich keiner. Doch dann auf der Fahrt, an Obertrumer-, Waller-, Mond- und Wolfgangsee vorbei, ziehen die vielen kleinen Kuppen und Hügel mir die Körner aus den Oberschenkeln. Das geht anscheinend auch anderen so, denn ich kann meine beiden temporären Begleiter aus dem Allgäu (beide Ötztal Marathon erprobt) letztlich um 5 Minuten distanzieren, als ich ermattet kurz vor 14.00 Uhr im Ziel eintreffe.

Im Ziel der Eddy Merckx Classic

Auch wenn es um Nichts geht und damit egal ist: Ich brauche 1h und 1 min länger als der Sieger, werde 56ter meiner Altersklasse. Und wohl auch älter. 2011 war ich als 89ter „nur“ 51 min langsamer als der damalige Sieger.

A propos alte Sieger. Da Georg als Pressemann in den VIP-Bereich darf, haben wir als Ausklang auf der Seeterrasse einen schönen Plausch mit dem österreichischen Staatsmeister von 1969 und 1970, seinem Namensvetter Georg Postl. Am Nachbartisch sitzt übrigens, kein Zufall bei dieser Veranstaltung, der erfolgreichste Radrennfahrer aller Zeiten – der Patron Eddy Merckx.

Liebeserklärung an die Hausrunde

Ein Artikel in der führenden Rennradzeitschrift TOUR hat sich einmal vor Jahren intensiv mit einem Thema beschäftigt, was jeder Rennradfahrer sein eigen nennen kann – seine Hausrunde.

Meine ist in nüchterner Beschreibung die folgende: Von Landsberg über den Lech nach Kaufering und Weil, dann Finning, am Ammersee vorbei (mit Blick auf diesen und Kloster Andechs) nach Dießen, weiter über Dettenschwang und Vilgertshofen zurück nach Landsberg. Das sind gute 60 Kilometer bei guten zwei Stunden Fahrzeit. Eine klassische, nicht sehr schwere Feierabendrunde. Dank konzentrischer Kreise lässt sich das beliebig erweitern über Apfeldorf oder gar Wessobrunn und dann über Forst zurück auf mehr als 100 km Strecke (am Wochenende) oder verkürzen über Obermühlhausen auf unter 50 km (im Winter bzw. bei wenig Zeit).

Finning vor Alpenpanorama

Und nun zur Empfindung: Am schönsten ist die Runde Ende April, wenn auf den Wiesen die Löwenzähne blühen und die Alpen im Süden noch voller Schnee sind. Oder wie jetzt Mitte/Ende August das Licht am Spätsommerabend golden leuchtet, die Felder gedroschen oder gemäht, die erste Karwendelkette und das Wettersteingebirge mit Zugspitze am Horizont zu sehen sind. Das Ganze erinnert mich immer etwas an Sommerbadeurlaube der Kindheit in Kärnten, dort leuchten ebenso die Karawanken im Süden.

Was es mit Finning auf sich hat

Mein Lieblingsblick ist der mit dem Ort Finning vorne, welcher eingebettet ist in die voralpine Möranenlandschaft. Die knapp 1.700 Einwohner zählende Gemeinde in Oberbayern ist vor drei Jahren ungewollt und unberechtigt kurz in den Schlagzeilen gewesen, weil ‚Finning‚ im Englischen das abscheuliche und mittlerweile in der EU verbotene Abtrennen der Rückenflosse von Haien bei lebendigen Leib bedeutet. Kommen wir wieder zu Erfreulicherem.

Worin liegt Reiz der Hausrunde? Obwohl jede Bodenwelle, jede Querrinne im Asphalt doch bekannt ist, liegt der im Kleinen und Verborgenen. „Wie steht heute der Wind? Vor vier Tagen war es an der Stelle noch kühler, oder? Auf der Koppel sind ja neue Pferde zu sehen! Schade, dieses leerstehende alte Bauernhaus ist jetzt abgerissen worden … „.

Manchmal esse ich übrigens zum Abschluß der Hausrunde am Landsberger Hauptplatz noch ein Eis, mit den angenehmen Nebeneffekten bzw. Möglichkeiten des Possierenkönnens und Bekanntetreffens. Das ‚Sehen und gesehen werden‘ wird nie langweilig werden.

In der TOUR sind übrigens zwei Ratschläge gegeben worden, um gegen diese angebliche Monotonie der Hausrunde etwas zu tun, sie also quasi neu zu erleben. Einerseits diese mal in anderer Richtung (was ich niemals bei Schönwettertagen tun werde, weil dann kein so grandioses Alpenpanorama mehr geboten ist) und andererseits sie bei Nacht zu fahren. Das ist eine gute Idee, ich habe also künftig noch viel vor auf meiner Haus- und Lieblingsstrecke.

Immer wieder Mallorca

Ungezählte male bin ich schon auf Mallorca gewesen, zu Radtrainingslagern, zu Pressecamps oder auch zum Wandern. Die größte Insel der Balearen bleibt immer wieder schön und faszinierend, vor allem das Tramuntana Gebirge im Westen. Es ist auch Weltkulturerbe.

sa-calobra

Diesmal haben drei Freunde und ich beim Radreiseveranstalter Diana für gut eine Woche gebucht. Die Königsetappe – wie könnte es auch anders sein – führt uns von Palma zur Tankstelle vor dem Kloster Lluc, weiter zur berühmten Sa Calobra Strasse hinauf, hinunter und wieder hoch. Es ist immer wieder ein Traumanstieg. Und da sehr viele andere Rennradfahrer unterwegs sind, kann man seine Leistung schön vergleichen.

Zurück führt unser Weg über den Puig Major Tunnel. Ich fühle mich in Form und fit. Nach der Abfahrt via Fornalutx und einem Orangenkuchenstop in Sóller geht es über den gleichnamigen Pass zurück zum Platja de Palma. Fast 2.500 Höhenmeter und über 160 km sind es geworden, insgesamt in acht Tagen fast 1.000 Gesamtfahrkilometer.

Da will ich eigentlich gar nicht mehr nach Hause; Sehnsucht habe ich nur nach meiner Frau und dem eigenen Rennrad – meinem Merida Scultura – denn das Alu-Leihrad ist eher unterdurchschnittlich. Und wieder daheim werde ich von beiden Sehnsüchten nicht enttäuscht.

Panarotta zum Genießen

Wir machen Urlaub im Trentino, genauer in der Hochtalebene der Valsugana. Neben dem bekannten Caldonazzo See liegt der kleinere Lago di Levico, dort ist auch unser Quartier. Gestern bin ich ganz in der Früh – also vor der Sommergluthitze – vom Ort Caldonazzo nach Süden die teilweise 17 % steile Wahnsinnsstrasse Richtung Luserna hochgefahren. Es ist der berühmte Kaiserjägerweg, von K-u-K-Pioniertruppen in teilweise engsten Serpentinen über eine 800 Höhenmeter-Bergflanke noch vor dem 1. Weltkrieg angelegt.

Da hoffe ich heute morgens diese meine ‚Heldentat‘ noch steigern zu können, wende mich nach Norden, um über den alten Kurort Levico Terme direkt bis zum Rifugio Panarotta im gleichnamigen Skigebiet zu fahren. Immerhin 1.300 Höhenmeter sind zu überwinden. Die Strecke ist auch durch den Giro d’Italia geadelt, weil schon mehrmals Etappenziel gewesen, zuletzt im Mai 2014. Doch welch angenehme Überraschung! Es ist eine gut ausgebaute Strasse mit moderater, gleichmässiger Steigung und flach angelegten Serpentinen.

Einfach nur zum Genießen ist diese Panarotta-Auffahrt. Doch oben erwartet mich nur – immer wieder ein skurriler Anblick im Sommer – die vollkommen verlassene Skisstation. Nach rasanter Abfahrt wieder im belebten Tal zurück und nach einem Sommertag am See ist im Hotel der Abendessensabschluß in doppelter Hinsicht passend und köstlich: Es gibt pana cotta.

Retroronde in Flandern

paterberg

Das mir ein bis zu 20% steiler, gepflegt gepflasterter Weg – genannt Paterberg – eine Wohltat sein könnte, hätte ich nicht gedacht. Aber das ist er im Vergleich zu dem von meinem Freund Georg und mir zuvor bewältigten Oude Kwaremont, eine mit 11 % zwar ‚flache‘, aber quälend lange, ganz übel zu fahrende, weil wohl vor langer Zeit verlegte Kopfsteinpflasterpassage. Und wir gehen im Anschluß gleich noch eine dritte Prüfung an, den Koppenberg. Es verlangt nicht nur Kraft, sondern auch Radbeherrschung, um mit den mittlerweile ungewohnten Hacken+Riemen-Pedalen am ansonsten tadellos funktionierendem Stahl-Rennrad, Masi Prestige Jahrgang 1982, auf den glatten Steinen hochzukommen.

Wir sind in Belgien, genauer in den Ardennen in Ostflandern und trainieren für die zwei Tage später stattfindende Retroronde – eine Radtouristik-Veranstaltung auf und mit alten Rädern rund um die Stadt Oudenaarde, geführt auf Streckenteilen der berühmten Flandernrundfahrt, einer der Klassikermonumente des Radsports.

Als wir dann in bester Sonntagsstimmung und bei ebensolchem Wetter die Retroronde angehen, sind wir begeistert von Authenzität, Organisation und Streckenverlauf der 100 km langen Schleife. Einziger Scharfrichter ist der nun uns schon bekannte Oude Kwaremont, der in ‚Rennmodus‘ gefahren dann nicht mehr ganz so schwer ist. Unsere Trainingsrunde war jedenfalls härter, denn die Organisatoren lassen Paterberg und Co. aus, begnügen sich nur mit normalen Hellingen, kurzen Anstiegen mit Asphalt- oder Betonbelag. Vereinzelt eingebaute, Paris-Roubaix-ähnliche flache Kopfsteinpflasterpassagen, im Flämischen Kasseien genannt, können uns nicht wirklich schrecken. Immerhin sind es insgesamt dann doch 1.100 gefahrene Aufstiegshöhenmeter, als wir wieder im flachen Oudenaarde im Ziel eintreffen.

Seine ausführliche Sicht mit noch Bildern von diesen unseren belgischen Radsporttagen hat mein Freund und Redakteur Georg auf aktiv Radfahren veröffentlicht. Und im nächten April werden wir sicher im Fernsehen die Übertragung der Ronde van Vlaanderen genauer verfolgen: Wenn die Radprofis die uns nun bekannten Hellinge hinaufdonnern, dann werden wir im Vergleich dazu wie Grundschüler aussehen – allerdings schon etwas ergraute.

Mit weißer Hand auf weißen Strassen

Und wieder einmal im Herbst im Chianti: Nun schon zum vierten mal stelle ich mich an den Start der L’Eroica. Doch etwas ist anders als sonst.

Eroica 2014 auf Schotterstrasse

Wie soll ich es formulieren, ich habe ein echtes Handicap diesmal. Ein knöcherner Ausriss am Seitenband des rechten Daumens – hervorgerufen durch einen MTB-Sturz – hat mir eine Gipsmanschette beschert. Rennradfahrer haben halt mit einem Carbon-Bergrad im Gelände nichts verloren, deswegen nehme ich auch mit dem geliebten alten Masi aus Stahl an der toskanischen Kultveranstaltung teil.

Mit gehörigem Respekt, weißer Hand und guten Beinen bewältige ich die berühmten ‚Strade Bianche‘. Die Abfahrten langsamer als gewohnt, bergauf aber ohne ein einziges mal zu schieben, fahre ich immerhin die 135 km Runde durch. Und bin heilfroh im Ziel in Gaiole ohne weitere Blessuren anzukommen. Die ‚Heldenhafte‘ wird ja von vielen skurilen Typen absolviert, nun ist noch einer mit Gipshand dazugekommen.

19 Spaghetti-Kehren bis Borcola

Wer kennt eigentlich das Val Posina, das Tal und die Bergregion östlich des Pasubio-Massivs in Venetien am südlichen Alpenrand? Wahrscheinlich wenige, denn die Gegend als touristisch zu bezeichnen spräche den unübersehbaren Zeichen der Landflucht und den leeren Straßen Hohn. Das hat auch seine ruhigen Vorteile, sollen sich doch die vielen anderen Rennrad- (und vor allem MTB-)Fahrer weiter westlich in der Gardasee-Region oder an den Pasubio-Wegen austoben.

Rennrad am Passo Borcola

Vom Hauptort Arsiero über Posina sind es 900 Höhenmeter auf den Passo della Borcola. Die 19 Haarnadelkurven auf den letzten Kilometern erinnern an gekochte, zusammengelegte Spaghetti – sie sind weder schnell hoch noch hinunter befahrbar, dafür ein Traum für Rennrad-Genießer. Am Paß drehend und wieder nach Posina hinunter, nehme ich von dort noch den Colle Xomo in Angriff. Von diesem und dem Borcola könnte ich auf dem Friedensweg den Pasubio per pedes erklimmen, doch das ist eine andere Geschichte.

Es wird a Wein sein

… und mir wer’n nimmer sein, hat einst der berühmte Wiener Schauspieler Hans Moser gesungen. Doch wir beide – mein Radfreund Georg und ich – sind noch sehr lebendig und nehmen daher an der In Velo Veritas in Korneuburg nordwestlich von Wien teil, einer Radrundfahrt mit klassischen Rädern. Das bedeutet, die Dauerleihgabe von Thai Do, „mein“ 1982er Masi Prestige, kommt nach mehreren L‘ Eroica Einsätzen in der Toskana nun erstmals zu österreichischen Ehren. Georg hat als Schätzchen ein „neu“ zusammengestelltes blaues Gios.

Vierer-Gruppe auf klassischen Rädern

Es geht durch ein unbekanntes Stück der Alpenrepublik, das Weinviertel, welches durch seine Grenznähe zu Tschechien Jahrzehnte im Dornröschenschlaf ruhte und nun ganz zart erwacht. Die Straßen sind komplett autofrei, die Weindörfer teils von morbidem Charme. Verstreute Weinberge wechseln sich in hügeliger Landschaft mit Weizenfeldern und Wäldern ab. Ich finde die Hügel nicht sehr anspruchsvoll; die Auffahrt zur höchsten Erhebung Buschberg ist wunderschön, auf knapp 500 m.ü.M. ist hier die niedrig gelegenste Alpenvereinshütte Österreichs zu finden. Auch die wenigen Schotterstraßen der Strecke sind leicht und mit denen der Toskana nicht zu vergleichen.

Im Team gegen den berüchtigten Wind des Weinviertels

Doch das härteste Stück auf unserer 144 km Runde hat der rührig-bemühte Veranstalter der ‚In Velo Veritas‘ schon nach den ersten 25 km eingebaut – eine lang ansteigende Kellergasse mit Kopfsteinpflaster. Und dann ist das Weinviertel noch für seinen unangenehmen (Nord-) Wind bekannt. Wie gut, dass wir uns mit zwei sehr sympathischen Österreichern ab Kilometer 65 zusammentun und von nun an als Viererteam weiterfahren.

Obwohl Georg und ich – als Kontrapunkt – Merino-Wolltrikots im Carlsberg Beer Design tragen, am Wein kommt man bei dieser klassischen Radrundfahrt nirgends vorbei.

Geschafft im Ziel von Korneuburg

An den sog. Labestellen wird er neben bester Verpflegung ebenso angeboten. Wir können anfangs noch diesem Teil der Gastfreundschaft widerstehen, auch bei Kilometer 78 im wunderbaren Ambiente des Schloßhofes von Mailberg. Doch 30 km vor dem Ziel genehmigen wir uns dann eine Literflasche Grünen Veltliner in der Labe Großrußbach. Die letzten Hügel bis ins Ziel der Bezirkshauptstadt Korneuburg werden nun doch noch steiler als angenommen … Trotz schwerer Oberschenkel, in das wunderbare Weinviertel wollen wir unbedingt wieder irgendwann zum Radfahren kommen. Es wird a Wein bestimmt noch sein.