Es wird a Wein sein

… und mir wer’n nimmer sein, hat einst der berühmte Wiener Schauspieler Hans Moser gesungen. Doch wir beide – mein Radfreund Georg und ich – sind noch sehr lebendig und nehmen daher an der In Velo Veritas in Korneuburg nordwestlich von Wien teil, einer Radrundfahrt mit klassischen Rädern. Das bedeutet, die Dauerleihgabe von Thai Do, „mein“ 1982er Masi Prestige, kommt nach mehreren L‘ Eroica Einsätzen in der Toskana nun erstmals zu österreichischen Ehren. Georg hat als Schätzchen ein „neu“ zusammengestelltes blaues Gios.

Vierer-Gruppe auf klassischen Rädern

Es geht durch ein unbekanntes Stück der Alpenrepublik, das Weinviertel, welches durch seine Grenznähe zu Tschechien Jahrzehnte im Dornröschenschlaf ruhte und nun ganz zart erwacht. Die Straßen sind komplett autofrei, die Weindörfer teils von morbidem Charme. Verstreute Weinberge wechseln sich in hügeliger Landschaft mit Weizenfeldern und Wäldern ab. Ich finde die Hügel nicht sehr anspruchsvoll; die Auffahrt zur höchsten Erhebung Buschberg ist wunderschön, auf knapp 500 m.ü.M. ist hier die niedrig gelegenste Alpenvereinshütte Österreichs zu finden. Auch die wenigen Schotterstraßen der Strecke sind leicht und mit denen der Toskana nicht zu vergleichen.

Im Team gegen den berüchtigten Wind des Weinviertels

Doch das härteste Stück auf unserer 144 km Runde hat der rührig-bemühte Veranstalter der ‚In Velo Veritas‘ schon nach den ersten 25 km eingebaut – eine lang ansteigende Kellergasse mit Kopfsteinpflaster. Und dann ist das Weinviertel noch für seinen unangenehmen (Nord-) Wind bekannt. Wie gut, dass wir uns mit zwei sehr sympathischen Österreichern ab Kilometer 65 zusammentun und von nun an als Viererteam weiterfahren.

Obwohl Georg und ich – als Kontrapunkt – Merino-Wolltrikots im Carlsberg Beer Design tragen, am Wein kommt man bei dieser klassischen Radrundfahrt nirgends vorbei.

Geschafft im Ziel von Korneuburg

An den sog. Labestellen wird er neben bester Verpflegung ebenso angeboten. Wir können anfangs noch diesem Teil der Gastfreundschaft widerstehen, auch bei Kilometer 78 im wunderbaren Ambiente des Schloßhofes von Mailberg. Doch 30 km vor dem Ziel genehmigen wir uns dann eine Literflasche Grünen Veltliner in der Labe Großrußbach. Die letzten Hügel bis ins Ziel der Bezirkshauptstadt Korneuburg werden nun doch noch steiler als angenommen … Trotz schwerer Oberschenkel, in das wunderbare Weinviertel wollen wir unbedingt wieder irgendwann zum Radfahren kommen. Es wird a Wein bestimmt noch sein.

Europawahl in Oberbayern

Fast auf den Tag genau vor acht Monaten war die Bundestagswahl. Damals im September hatte ich die Entscheidung zwischen den Touren Hoher Peißenberg und Auerberg; ich wählte für mich den Letzteren. Damit dürfte klar sein, auf welchen vorgelagerten Aussichtsberg der bayrischen Alpen ich am heutigen Wahltag zum Europaparlament gefahren bin!?

Rennrad an Mauer Hohenpeissenberg

Mit 988 m.ü.M. ist er keine wirklich spektakuläre Erhebung, aber er wird zurecht als Bayrischer Rigi bezeichnet, weil bei klarer Sicht – das ist heute leider nicht der Fall – von den Chiemgauern bis in die Allgäuer Alpen der Blick reicht. Und ordentlich etwas los ist hier oben auch: Eine Wallfahrtskirche mit einem Gasthaus dazu, ein hoher Sendemast; die große Station des Deutschen Wetterdienstes wird oft in den Nachrichten erwähnt.

Ich bin heute morgens wohl zu früh dran, denn kurz vor neun Uhr ist am Hohen Peißenberg noch alles ruhig. Es werden doch nicht alle Menschen in den Wahllokalen sein? Also hab ich es eilig: Mit meinem Carbon-Boliden geht die Post ab, aber nicht in den Kasten; ich will schnell zurück nach Hause donnern, um meine Wahl an der Urne zu vollziehen. Als Auslandsösterreicher durfte ich ja vor acht Monaten nicht, nun habe ich Laune mein Recht in Oberbayern geltend zu machen, der vermutlich wieder mal relativ niedrigen Wahlbeteiligung zum Trotz.

Giovanni di Lorenzo – der Chefredakteur der Wochenzeitung DIE ZEIT – beklagte in seinem Leitartikel vor ein paar Tagen, daß für die Europawahl so recht keine Begeisterung aufkommen würde, die Leidenschaft fehle. Dem stimme ich zu. Doch geht er persönlich in seinem Enthusiasmus nicht etwas zu weit, wenn er gleich doppelt als Deutscher und Italiener wählt? Die staatsanwaltlichen Konsequenzen – sprich Ermittlungen gegen ihn – muss er jetzt wohl tragen. Dabei hätte er doch so einfach von mir lernen können: Eine Wahl bedeutet immer eine Entscheidung, sei es für ein Land, eine Partei oder nur einen Berg.

Massig Schnee hinterm Brenner

Dieser Winter ist nicht nur sehr mild, sondern auch schneearm gewesen. Nördlich des Alpenhauptkammes, also in Nordtirol und Bayern, ging lange Zeit gar nichts mit Skitouren. Ganz anders südlich des Hauptkammes. Adriatief um Adriatief schaufelte verlässlich Schneemassen heran. Süd- und Osttirol und vor allem Kärnten konnten sich kaum erretten vor der weißen Pracht. Kaum kommt man über den Brenner traut man seinen an bayrische karge Verhältnisse gewöhnte Augen nicht. Meterhoch liegt der Schnee Anfang März.

Klammalm im Schnee

Bei Sterzing biegen wir ins Ratschingstal ein und starten bei unglaublichem Prachtwetter im Talschluss beim bezaubernden Weiler Flading. Es geht auf Skitour mit dem Ziel Hohe Kreuzspitze (2.742 m.ü.M), ein Brennerberg der Stubaier Alpen. Schon nach 500 Höhenmetern bei der Klammalm fragt man sich, wie können deren Dächer diese Last nur tragen?

Uns ist der Aufstieg nicht Last, sondern nur Lust bei diesen Verhältnissen. Zumal die meisten anderen Skitourengeher sich für den linken, niedrigeren Gipfel Kleine Kreuzspitze entscheiden. Auf unserem, der Hohen, ist die Fernsicht phänomenal. Unter unter das Passeiertal, links daneben die verschneite Jaufenpassstrasse, hinten sind Rosengarten und Fanes-Gruppe erkennbar.

Die Abfahrt fängt vielversprechend mit Pulverschnee an. Der Mittelteil mit hartem, verspurten Harsch ist jedoch kein skifahrerisches Vergnügen, der untere Teil mit weichen Sulzschneewannen schon eher dank der warmen Frühlingssonne. Der krönende Abschluss dieser Supertour findet sich auf der Sonnenterrasse des urigen Schölzhornhofes – beste Südtiroler Küche mit Schlutzkrapfen und danach Buchweizentorte. Was ist doch das (Skitouren-)Leben schön!

Schönes Weiß in Klais

Die heurige Langlaufsaison kann man – zumindest in Oberbayern – bis jetzt ziemlich vergessen. Zu wenig Schnee in den tieferen Lagen, bei mir ging sich noch kein Skatingtag aus. Heute könnte es jedoch endlich mal gelingen: Es hat schönes, fast mildes Wetter und Neuschnee am Anfang der Woche gemacht. Und heute wäre auch der berühmte König-Ludwig-Lauf in Oberammergau, den ich vor zwei Jahren des erste mal auf den schmalen Spaghetti-Latten absolvierte. Doch so ganz ohne spezifisches Training kann ich es wohl vergessen diesen Ski-Marathon erneut durchzustehen.

Langlaufski an Loipe nach Klais

Also die Latte(n) tiefer hängen und ein gemäßigteres Ziel ansteuern, welches sich hinter Garmisch auf dem Weg nach Mittenwald findet. Startend in Kaltenbronn hat es eine tolle Loipe nach Klais. Der kleine Ortsteil von Krün rühmt sich mit 933 m.ü.M. Bayerns höchstgelegenen Bahnhof zu haben, der bis 2007 auch Deutschlands höchster Intercity-Halt gewesen war. Ich bin daher sehr erstaunt, als auf der einspurigen Bahnstrecke – welche anfangs parallel zur Loipe verläuft – eine ICE-Garnitur neuester Bauart in Langsamfahrt auftaucht. Leider in entgegengesetzter Richtung unterwegs, es wäre spannend gewesen gegen diesen „weißen Blitz“ ein Rennen auszutragen …

Wie auch immer, so muss ich alleine wieder ein Tempo- und Technikgefühl entwickeln. Nach einer halben Stunde klappt es halbwegs. Der überraschend gut präperierte Schnee und der schöne Blick auf das Karwendelgebirge motivieren mich zudem. Bald taucht auch das beschauliche Klais bei Krün auf, in schöner weißer und nicht grüner Winterlandschaft des Werdenfelser Landes. Fast zwei Stunden und 25 km bin ich unterwegs. Die etlichen Runden mit teils knackigen Anstiegen haben meine Oberschenkel wohlig schwer und mich zufrieden müde werden lassen.

Bleibt noch ein Ergebnis abends nachzutragen: In Oberammergau hat heute ein 26-Jähriger Norweger den 46 km langen König-Ludwig-Lauf in der freien Technik in 1h und 45 min gewonnen. Da hätte ich also meinen weißen Blitz erleben können.

Freie Fahrt im Kühtai

Panorama Skigebiet Kühtai

Prachtvolles Wetter, gute Pistenverhältnisse dank einer undefinierbaren, akzeptablen Mischung aus Natur- sowie Kunstschnee und das Beste: Ein fast leeres Skigebiet. Heute sind nur wenige Brettelfans unterwegs, was wollen wir also mehr? Wir geniessen am zweiten Advent im Kühtai zwischen 2.000 und 2.500 m.ü.M. unseren ersten Skitag der Saison. Und in dem Wissen, dass in gut zwei Wochen es hier weihnachtsferienbedingt brechend voll sein wird, carvt es sich noch freier in grossen Schwüngen vor Stubaier und Ötztaler Bergkulisse.

Pitsch, patsch – Crossen im Matsch

Was draussen treiben an einem trüben, tristen regennassen Novembertag? Rennradfahren auf der Straße macht da nicht wirklich Laune, zum Skifahren ist es noch zu früh. Da lobe ich mir meinen Cyclocrosser, siehe auch mein Plädoyer dazu.

Mit dem Crossrad im Novembergrau

Es geht zusammen mit meinem Freund Georg in die Pössinger Au bei Landsberg, wir fahren den Lechsteilhang rauf und runter. Der lichte Wald ist fast so nass wie der unten ruhig dahinfliessende Fluss. Die dünnen Crossreifen pflügen sich durch den Boden. Um nicht zu stürzen, verlangt uns der nasse Laubteppich alle Steuerkünste ab. Wie Lausbuben spielen wir im und mit dem Matsch.

Nach fast zwei Stunden hat der Spass dann doch ein Ende. Zum Glück gibt es den Gartenschlauch für das Rad, die Waschmaschine für die Kleidung und den Kachelofen für die kalten Knochen.

Panoramablick über die Alpen

Panorama ist laut Wikipedia ein Wort griechisch-lateinischen Ursprungs und bedeutet in etwa „Allschau“. Ich finde nicht nur etwa, der Ausdruck trifft es ganz genau. Denn der Rundumblick vom Peitlerkofel (2.875 m.ü.M.) in Südtirol geht über den gesamten Bogen der Zentralalpen.

Panormasicht nach Norden vom Peitlerkofel

Ganz im Westen ist der Ortler zu erkennen, welcher bis 1919 der höchste Berg Österreichs gewesen ist. Über die Ötztaler, Stubaier und Zillertaler Alpen sowie die Hohen Tauern wandert der Blick bis nach Nordosten zum Großglockner, dem heutigen höchsten Berg der Alpenrepublik. Ich schätze die Luftlinienentfernung zwischen den beiden Spitzenreitern auf fast 180 km – was für eine Fernsicht!

Diese grandiose Allschau dürfen meine Frau und ich am heutigen Tag der Deutschen Einheit erleben. Und es ist nicht nur ein bundesrepublikanischer, sondern auch ein persönlicher Feiertag. Mit der Bergtour auf den Gipfel des Peitlerkofels können wir endlich dem tagelangen herbstlichen Nebel der Tallagen entfliehen. Und sind zumindest für Stunden im Sonnenglück.

Meine Wahl ist der Auerberg

Ein berühmter vorgelagerter Aussichtsberg der Alpen ist der Rigi in der Schweiz. Auch Bayern hat seine „Rigis“, wenn auch in kleinerem Format. Der eine ist der Hohe Peißenberg in Oberbayern, der andere in Sichtweite zu ihm der weniger bekanntere Auerberg (1.055 m.ü.M.) in Bayrisch-Schwaben. Letztgenannter ist zwischen den Orten Bernbeuren und Stötten gelegen. Er wurde schon von den Kelten und Römern besiedelt ; es windet sich daher heute ein witziger archäologischer Lehrpfad um den Berg.

Rennrad auf Auerberg

Beide Erhebungen liegen noch in erreichbarer Schlagdistanz zu meinem Wohnort, eignen sich also für lange Trainingseinheiten. Als österreichischer Staatsbürger gebe ich meine Stimme am heutigen Tag der Bundestagswahl dem Auerberg, dem schwäbischen Rigi. Der hat ein paar fiese, aber bewältigbare Rampen im Aufstieg. Störender sind die vielen Motorradfahrer, die wie Rennradfahrer schöne Kurven zu schätzen wissen. Klar, heute zieht es alle hinaus bei dem Herbstwetter, auch wenn es nicht strahlend ist, sondern milchiges Licht hat, hervorgerufen durch hohe Schleierwolken.

Über Marktoberdorf (Eisdielen-Stop) fahre ich weiter und komme ziemlich fertig nach gut 130 km wieder zu Hause an. Da trudeln gerade auch die ersten Hochrechnungen rein. Die FDP scheint komplett fertig zu sein. Die Union aus CDU/CSU verfehlt knapp die absolute Mehrheit, das riecht wohl nach irgendeiner schwierigen Koalition. Ein strahlender Wahlsonntag schaut anders aus.