Nachtschicht im Olympiapark

Was soll man machen, wenn der heimliche König der Radbranche ruft? Thai Do von Continental Reifen sucht Mitglieder für ein 8er-Team beim 24h-Rennen im Münchner Olympiapark. Da heisst es Rad und (Schlaf-)Sachen zusammenpacken und dem Ruf in die bayrische Landeshauptstadt zu dieser Kultveranstaltung folgen.

Rennen im Olympiapark München

Dem tollen Veranstalter Sog Events sei Dank, wir rutschen noch ganz kurzfristig mit unserer Anmeldung rein und erhalten eine knappe Stunde vor Rennbeginn unsere Startnummern. Samstags um 12.00 Uhr geht ’s los. Es sind noch gar nicht alle Teammitglieder von unserer bunt zusammengewürfelten Truppe da; wir fangen schon mal an und wechseln nach zwei Runden pro Fahrer. Als es nachts wird, stellen wir auf einen Dreirunden-Rhythmus um.

Nächtlicher Olympiapark

Ich habe das besondere Glück wieder ab 3.30 Uhr dran zu sein. Das Rennen hat sich beruhigt, nur Fahrgeräusche sind zu vernehmen, ansonsten schlafen viele (wohl auch einige der heldenhaften Einzelstarter). Es ist eine besondere Atmosphäre. Noch im Dunklen setzt in meiner zweiten Runde lautes Vogelgezwitscher ein, in der dritten wird es dann langsam hell und der Olympiapark mit seinem Fernsehturm und seinen Stadien strahlt in der Morgensonne so spektakulär wie bei seiner Eröffnung zu den Spielen im Jahr 1972.

Trotz meiner nicht gerade berauschenden Rundenzeiten – bei mir haben über vier Jahrzehnte offensichtlich mehr Spuren hinterlassen – lässt es sich nicht verhindern:

MTB-Gruppe im Olympiapark

Das Team Continental Reifen steht in der Wertung auf Platz 2. Unsere drei Topleute Klaus Steinkeller (der Glocknerkönig von 2013), Lukas Kubis (Sieger der Salzkammergut Trophy 2009) sowie Carsten Bresser (Ex-Profi und Olympiateilnehmer) hauen vormittags nochmals so schnelle Zeiten raus, dass uns nach 83 Runden sonntags um 11:57 Uhr der Sieg in der Achterteam-Wertung nicht mehr zu nehmen ist. Da kann sich der kleine König mit seinen Mannen auf der Tribüne bei der Siegerehrung sonnen.

Es wird a Wein sein

… und mir wer’n nimmer sein, hat einst der berühmte Wiener Schauspieler Hans Moser gesungen. Doch wir beide – mein Radfreund Georg und ich – sind noch sehr lebendig und nehmen daher an der In Velo Veritas in Korneuburg nordwestlich von Wien teil, einer Radrundfahrt mit klassischen Rädern. Das bedeutet, die Dauerleihgabe von Thai Do, „mein“ 1982er Masi Prestige, kommt nach mehreren L‘ Eroica Einsätzen in der Toskana nun erstmals zu österreichischen Ehren. Georg hat als Schätzchen ein „neu“ zusammengestelltes blaues Gios.

Vierer-Gruppe auf klassischen Rädern

Es geht durch ein unbekanntes Stück der Alpenrepublik, das Weinviertel, welches durch seine Grenznähe zu Tschechien Jahrzehnte im Dornröschenschlaf ruhte und nun ganz zart erwacht. Die Straßen sind komplett autofrei, die Weindörfer teils von morbidem Charme. Verstreute Weinberge wechseln sich in hügeliger Landschaft mit Weizenfeldern und Wäldern ab. Ich finde die Hügel nicht sehr anspruchsvoll; die Auffahrt zur höchsten Erhebung Buschberg ist wunderschön, auf knapp 500 m.ü.M. ist hier die niedrig gelegenste Alpenvereinshütte Österreichs zu finden. Auch die wenigen Schotterstraßen der Strecke sind leicht und mit denen der Toskana nicht zu vergleichen.

Im Team gegen den berüchtigten Wind des Weinviertels

Doch das härteste Stück auf unserer 144 km Runde hat der rührig-bemühte Veranstalter der ‚In Velo Veritas‘ schon nach den ersten 25 km eingebaut – eine lang ansteigende Kellergasse mit Kopfsteinpflaster. Und dann ist das Weinviertel noch für seinen unangenehmen (Nord-) Wind bekannt. Wie gut, dass wir uns mit zwei sehr sympathischen Österreichern ab Kilometer 65 zusammentun und von nun an als Viererteam weiterfahren.

Obwohl Georg und ich – als Kontrapunkt – Merino-Wolltrikots im Carlsberg Beer Design tragen, am Wein kommt man bei dieser klassischen Radrundfahrt nirgends vorbei.

Geschafft im Ziel von Korneuburg

An den sog. Labestellen wird er neben bester Verpflegung ebenso angeboten. Wir können anfangs noch diesem Teil der Gastfreundschaft widerstehen, auch bei Kilometer 78 im wunderbaren Ambiente des Schloßhofes von Mailberg. Doch 30 km vor dem Ziel genehmigen wir uns dann eine Literflasche Grünen Veltliner in der Labe Großrußbach. Die letzten Hügel bis ins Ziel der Bezirkshauptstadt Korneuburg werden nun doch noch steiler als angenommen … Trotz schwerer Oberschenkel, in das wunderbare Weinviertel wollen wir unbedingt wieder irgendwann zum Radfahren kommen. Es wird a Wein bestimmt noch sein.